Immer wieder Winter – mit Fahrrad und (Hurtigruten-) Schiff von Trondheim zur russischen Grenze

  • Planung und Vorbereitung


    Nachdem ich jetzt schon wieder 2 Wochen in Deutschland bin (und ich mich inzwischen wieder an die nächtliche Dunkelheit gewöhnt habe), wird es langsam Zeit, die Reise noch einmal Revue passieren zu lassen.
    Und wie könnte das besser funktionieren als in Form eines Reisetagebuchs (auch Reisebericht genannt :D )?


    Bald nach meiner letzten Fahrradtour vor knapp 3 Jahren nahm der Gedanke Gestalt an, auch die mir bisher unbekannten Ecken im Norden per Rad zu entdecken, insbesondere die Insel Senja.
    Allerdings müsste ich dann weg von meiner Lieblings-Reisezeit, dem Herbst. Die Senja-Fähren fahren nur von Ende Mai bis Ende August. Juli und der frühe August sind im Norden in meinen Augen per Rad wenig sinnvoll, da es dann einfach zu viel Autoverkehr gibt (ganz abgesehen von den Mücken ;( ), also bleibt nur der Mai.
    Von Nord nach Süd passt hier nicht so richtig, da ich dann im Winter beginnen müsste, also ist das Ziel Kirkenes.
    Bei einer ins Auge gefassten Dauer von ca. 6 Wochen kristallisiert sich ziemlich schnell Trondheim als Startpunkt heraus. Die erste Idee sieht vor, mit Zug und Schiff anzureisen, allerdings brauche ich hierfür mehr als 2 Tage und muss zum Ausgleich das 4-fache bezahlen :fie:


    Also bleibt nur das Flugzeug, und so suche ich mir eine Verbindung raus mit möglichst wenig umsteigen - jeweils einmal pro Strecke muss reichen. Das schränkt die Flüge ein wenig ein, aber schließlich finde ich etwas Passendes und buche am ersten möglichen Tag. Das ist auch ganz gut so, da ich auf dem Hinflug von Kopenhagen nach Trondheim eine kleine Maschine benutzen will, in der nur ein Fahrrad Platz hat. Dazu kommt, dass zu diesem Zeitpunkt für den Hinflug die Buchung für SAS Plus günstiger ist als der Standard-Flug + zweites Gepäckstück (und ein Fahrrad zählt als solches :thumbup: ), so komme ich noch zusätzlich zu einer kleinen Mahlzeit und Getränken :)


    Nun beginnt die Detailplanung, sowohl strecken- als auch ausrüstungsmäßig.
    Da ich jetzt auf Hin- und Rückweg fliege, kann ich meinen Benzinkocher nicht mitnehmen und muss auch schauen, dass ich auf dem Rückflug nicht mehr als 23 kg Gepäck habe (wobei meine Grundausrüstung mit Satteltaschen, Zelt, Kochgeschirr etc. bereits auf mehr als 12 kg kommt).
    Als ich alles zusammen habe, komme ich auf etwas mehr als 30 kg, die ich mitnehmen möchte (ohne Fahrrad natürlich ;) ).
    Einen Teil schicke ich mir wieder vorab postlagernd per Post - zumindest ist das die erste Idee. Als ich allerdings die Preise sehe (das günstigste Päckchen mit 5 kg kostet 38 Euro), muss ich doch einmal heftig schlucken ;(
    Dann kommt mir die rettende Idee: Ein zusätzliches Gepäckstück bei SAS kostet 30 Euro - und darf 23 kg wiegen.
    Das macht die Sache einfach. Ich stocke meine Vorräte noch um ein paar Gummibärchen und etwas Schokolade auf und bleibe immer noch deutlich unter 40 kg :D


    Irgendwann ist das auch geschafft, als Letztes habe ich mir noch einen Karton von meinem Fahrradhändler besorgt, in dem ich mein Rad mitnehmen will. Ich habe mich im Vorfeld extra noch am Flughafen erkundigt, ob ich einen großen, aber stabilen Karton mitnehmen soll oder lieber eine Leichtverpackung, die aber nicht so sicher ist. Die Antwort war eindeutig: je stabiler, desto besser.
    Der einzige Nachteil bei dieser Verpackung ist, dass das Rad nun sehr unhandlich ist und ich die Hecktür meines Autos nicht mehr schließen kann - aber ich habe stabile Spanngurte sowie ein Fähnchen zur Sicherung, also wird das auch kein Problem sein.


    Am Wochenende vor dem Ablug packe ich schon mal das meiste zusammen. Die Satteltaschen enthalten jeweils 9 kg und wandern gemeinsam mit Zelt und Isomatte in eine stabile Schutzhülle, die ich mit Spannguten fest verzurre.
    Fototasche und Tagesrucksack sind auch gefüllt, so dass ich am Vorabend nur noch meinen großen Rucksack fertig bestücken muss.
    Dann geht langsam die Vorfreude in die Frage über, ob alles vollständig und heil in Trondheim ankommt... :/

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Mittwoch, 17. Mai 2017 – Tag 1

    Überraschung am Flughafen und ein sonniger Empfang

    Strecke: Stjørdal – Vanvikbakkan, 37 km / Wetter: Sonnig, 13° C


    Mein Flugzeug fliegt um 10:10 Uhr; ich habe mir extra keinen Abflug um 6 Uhr ausgesucht, um nicht bereits um 3 Uhr unterwegs sein zu müssen :) Ich plane, um 8 Uhr am Flughafen zu sein, was eine Abfahrt gegen 6:30 Uhr bedeutet. Das ist zumindest ein paar Minuten nach dem Aufstehen ;)
    Ich bin bereits um 5 Uhr wach, die Aufregung macht sich eindeutig bemerkbar :| Da es eh nicht mehr lange bis zum Klingeln des Weckers dauert, stehe ich auf, mache Kaffee, wecke meine GöGa :gutenmorgen: und futtere eine Kleinigkeit. Gegen 6 Uhr verstaue ich meine 5 Gepäckstücke im Auto, was rascher erledigt ist als im Vorfeld gedacht. So stehen wir pünktlich im erwarteten Stau, erreichen aber trotzdem gegen 8 Uhr den Flughafen.
    Wir parken im vorher im Internet ausgesuchten Parkhaus mit direktem Übergang zur Abflugebene. Per Zufall finden wir sogar einen Parkplatz auf der richtigen Etage, so dass wir uns den Aufzug sparen können ^^ Während GöGa sich mit dem Gepäckwagen vergnügen darf, trage, schiebe oder ziehe ich meinen Karton (je nach Untergrund) Richtung Abflugschalter :S Da ich schon eingecheckt bin, gehen wir direkt zum Drop-Off-Schalter. Rucksack und Satteltaschen verschwinden schnell in den Eingeweiden des Flughafens, mit dem Fahrradkarton gibt es allerdings Probleme :huh: Die freundliche Dame am Schalter holt erst einmal ihre Kollegin vom Nachbarschalter. Nachdem ich mehrfach bestätigt habe, dass ich das Fahrrad für diese Strecke reserviert habe (was auch aus den Unterlagen hervorgeht), werden beide Damen etwas hektisch. Einige Telefonate und Minuten später erhalte ich die Nachricht, dass die Maschine ausgebucht sei und der Karton daher wahrscheinlich nicht in das Flugzeug passen würde ;( Die Kollegen auf dem Rollfeld würden alles probieren, was möglich sei, aber ich müsse damit rechnen, dass das Fahrrad nachgeschickt würde X(
    Auf Nachfrage erfahre ich, dass das Rad dann gegen Mitternacht in Trondheim ankommen würde, also mehr als 9 Stunden nach mir :cursing: Da das überhaupt nicht in meine Planung passt, muss nun Plan B greifen 8| Für den Rückflug habe ich mir eine Plastik-Fahrradgarage gekauft, die ich sicherheitshalber auf dem Gepäckträger befestigt habe. So ziehen wir (GöGa begleitet mich zum Glück) zum Sperrgepäckschalter, wo ich mein mühsam im Karton verstautes Fahrrad wieder auspacke :| Wenig später habe ich mein Rad in die Garage gepackt und mit Hilfe von etwas Klebeband so befestigt, dass hoffentlich nichts passiert – und das alles in der Hoffnung, dass das Fahrrad nicht trotzdem in Düsseldorf stehen bleibt :S :/


    Mit einem etwas mulmigen Gefühl trage ich den Karton wieder zurück zum Auto – wir dürfen ihn leider nicht am Flughafen entsorgen. Dort verabschiede ich mich von GöGa und mache mich auf in Richtung Sicherheitskontrolle. Das ganze Prozedere hat so lange gedauert, dass das Boarding bereits in einer halben Stunde beginnt. Jetzt erwartet mich allerdings die nächste Überraschung: Die Schlange beginnt ca. 150 Meter vor dem Sicherheitsbereich =O – wenn das mal zeitlich noch hinhaut. Ich will mich gerade anstellen, da fällt mir ein dass ich doch heute gar kein Economy-Flieger bin. Einen Versuch ist es wert, den Zugang am Express-Eingang zu nehmen – und nach dem Einscannen des Tickets öffnen sich tatsächlich die Türen :thumbup: . Da habe ich wirklich Glück gehabt, denn selbst am Priority-Schalter dauert es noch über 15 Minuten, bis ich mein Gate erreiche.


    Pünktlich gegen 9:40 Uhr dürfen wir den Bus besteigen, der uns zu unserer Avro RJ85 fährt. Ich darf auf Sitz 1A jede Menge Beinfreiheit genießen; später gibt es neben einem Smoothie zur Begrüßung noch warme und kalte Getränke sowie ein kleines Mittagessen (um 10:30 Uhr), bestehend aus Fisch, gebackenen Kartoffeln und Salat. Es ist zwar kalt, schmeckt aber dafür erstaunlich gut :thumbup:
    Mit 5 Minuten Verspätung erreichen wir Kopenhagen, wo ich mich erst einmal am Gate positioniere und das Ausladen beobachte – und tatsächlich sehe ich nach einigen Minuten mein Fahrrad auf einem Gepäckwagen vorbeifahren :) Sehr erleichtert sehe ich mich nach einer Anzeigetafel um, auf der ich meinen Flug nach Trondheim suche. Ich habe eine knappe Stunde Zeit für die 8 Minuten Fußmarsch, so logge ich mich erst einmal ins WLAN im Flughafen ein und schicke eine kurze Nachricht an GöGa.
    Der weitere Flug (mit einem Canadair Regional Jet 900, natürlich wieder auf Sitz 1A) verläuft völlig ereignislos und entspricht damit der Aussicht aus dem Fenster – zu sehen ist eine eintönige Wolkendecke :| Erst kurz vor der Landung reißt es ein wenig auf, Trondheim selber versteckt sich allerdings noch unter den Wolken.
    Pünktlich um 14:35 Uhr erreichen wir Trondheim oder genauer: Stjørdal-Værnes, gut 30 Kilometer östlich der Stadt.


    Kaum erreiche ich die Ankunftshalle, purzelt mir auch schon mein Rucksack entgegen :huh: Ich habe ihn kaum vom Band genommen, da erscheinen auch schon meine Satteltaschen, immer noch schön verpackt in ihrer Hülle :thumbup:
    Ich habe gerade meine Satteltaschen ausgepackt, da wird auch schon mein Fahrrad herein gerollt. Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung zu sein, erst als ich meine Garage entfernt habe, werde ich stutzig: Der Tacho ist weg :S Das ist natürlich mehr als blöd – wie soll ich jetzt unterwegs meine Position bestimmen? Mit Karte und Tacho ist das kein Problem, aber jetzt fehlen mir die zurückgelegten Kilometer (und natürlich die Angaben zur aktuellen und Durchschnitts-Geschwindigkeit :hmm: ). Hilft nix, es muss erst einmal ohne gehen. Ersatz wird es heute auch nicht geben, schließlich ist ja Feiertag.


    Jetzt pumpe ich erst einmal meine Reifen auf und kontrolliere die Räder: Alles läuft einwandfrei, nichts klappert und nichts hakt :thumbup: Dann steht ja nichts mehr im Weg, ganz in Ruhe mein Fahrrad zu bepacken, schließlich bin ich inzwischen ganz alleine hier.
    Zwischenzeitlich wird es noch einmal voll: Die Maschine aus Riga ist gelandet X/ , aber 15 Minuten später bin ich wieder alleine.
    Nach einer guten Stunde ist alles verstaut, auch meine beiden Hüllen sind zusammengepackt und verschnürt; mit den zusätzlichen 700 Gramm muss ich die nächsten Wochen leben.


    Nun wird es Zeit, dass ich den Ausgang suche, wobei im Flughafen eine gespenstische Stimmung herrscht :huh: Auf dem ganzen Weg nach draußen bin ich alleine, alle Flure sind dunkel. Nur dort, wo ich gerade entlang gehe, werden per Bewegungsmelder kurz die Lampen eingeschaltet, um hinter mir wieder zu verlöschen. Draußen angekommen erwartet mich allerdinge eine angenehme Überraschung: Die Sonne scheint von einem strahlend blauen Himme :8): l, nur am Horizont hängen noch ein paar Wolken (wie ich später sehe). Zuerst muss ich aber erst einmal den Weg runter vom Flughafengelände finden. Vor mir sehe ich eine Bushaltestelle, rechts ein Hotel – und keinen Menschen. Ich denke mir, dass es vom Hotel sicher einen Weg zur Straße geben muss, und liege mit der Vermutung richtig. Bald darauf rolle ich Richtung Hell, vorbei an einem riesigen Einkaufszentrum, das heute allerdings (erwartungsgemäß) geschlossen ist.


    Kurz darauf überquere ich den Stjørdalselva und werde auf einen Radweg an der alten E6 geführt, der nun steil bergauf führt. Vorher darf ich aber noch einen ersten Blick auf den Trondheimsfjord werfen :rolleyes:



    Diesem Radweg, der mal gut und mal gar nicht beschildert ist, folge ich gen Trondheim. An einigen Stellen muss ich mich auf meinen Orientierungssinn verlassen, wenn ich mitten in einem Park rechts oder links weiter fahren muss :| , aber ich werde immer wieder durch schöne Ausblicke belohnt.



    Auch dass heute der norwegische Nationalfeiertag ist, wird mir nicht nur durch die geschlossenen Geschäfte bewusst :)



    Nach gut 2 Stunden erreiche ich das Zentrum von Trondheim. Am Torget sind noch ein paar Reste vom heutigen Umzug zu sehen (vielleicht erkennt @Älbler ja noch etwas wieder ;) ), an anderen Orten wird kräftig (und laut) gefeiert. Allerdings sehe ich keine betrunkenen Personen, so traue ich mich noch an einen Geldautomaten, um mich mit Bargeld zu versehen.



    Im Internet habe ich mich vorher schlau gemacht und finde ein paar hundert Meter weiter auch tatsächlich eines der wenigen Lebensmittelgeschäfte, die heute geöffnet haben :) . So decke ich mich mit dem Nötigsten für Abendessen und Frühstück ein und fahre weiter nach Ravnkloa, wo ich gerade noch die Fähre abfahren sehe, die ich später benutzen werde.
    Jetzt aber nutze ich das tolle Wetter für ein Abendessen mit Aussicht aufs Wasser :8): Hinterher schaue ich mich noch ein wenig in der Umgebung um, wobei auch mein erstes Selbstporträt entsteht :mosking:



    Eine Stunde später ziehen ein paar Wolken vor die Sonne, und es wird langsam frisch. Gut, dass es einen Aufenthaltsraum gibt, in den ich mich noch für ein paar Minuten aufwärmen kann. Bald darauf kommt auch schon die Fähre, die pünktlich um 21 Uhr nach weniger als 5 Minuten Aufenthalt fährt. Das Ticket (für den krummen Preis von NOK 104) wird – wie auf fast allen Fähren üblich – an Bord verkauft. Eine halbe Stunde später stehe ich in Vanvikan auf der Mole; im Gegensatz zu Trondheim gibt es hier keinerlei Aufenthaltsmöglichkeit. So muss das Auffüllen meiner Wasserflasche noch ein wenig warten, stattdessen fahre ich (natürlich wieder bergauf) gen Norden.
    Obwohl es inzwischen fast 22 Uhr ist, liegt Trondheim immer noch in der Abendsonne :8):



    Ein paar Minuten später habe ich neben der Straße ein Plätzchen gefunden, an dem ich mein Zelt aufbauen kann. Gegen 23 Uhr – die Sonne ist inzwischen untergegangen, aber hell ist es immer noch – wird es dann Zeit in den Schlafsack zu krabbeln :sleeping: Ich werde zwar nun meine letzte „richtige“ Nacht verschlafen (heute gibt es immerhin noch 90 Minuten echte Dunkelheit, ab dem nächsten Tag gibt es zwischen Sonnenunter- und -aufgang durchgehend eine blaue Stunde), aber dafür ist sie ja auch da :D

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    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Einmal eine ganz andere Art, Norwegen zu erkunden... Wäre zwar nichts für mich, aber deine Berichte lese ich umso lieber. Vielleicht noch einige Fotos mehr - dann wäre es perfekt! Aber schon jetzt danke, dass wir "mitfahren" dürfen. Ich freue mich auf die Fortsetzung.


    LG
    egoix

  • @egoix
    Keine Sorge, es kommen noch ein paar Fotos. Ich teile sie nur lieber so auf, dass ich mein Limit nicht überschreite ;)
    Und falls es dir zu viel Text ist, kannst du ihn ja auch überlesen oder ganz auslassen :D



    Donnerstag, 18. Mai 2017 – Tag 2


    Start ins Unbekannte


    Strecke: Vanvikbakkan – Krinsvatn, 66 km / Wetter: bedeckt mit zeitweiligem Regen, 15° C


    Ich mache die Augen auf und es ist taghell. Kein Ton ist zu hören, nur ein leises Rauschen :huh: Ich hebe den Kopf ein wenig, um zu lauschen – und das Geräusch ist weg ?( Schließlich stelle ich fest, dass ich das Geräusch selber verursacht habe: es ist so still, dass ich meinen eigenen Blutkreislauf hören kann :huh: Ich versuche einen Blick auf die Uhr zu erhaschen, aber die liegt auf der anderen Seite :S Umdrehen oder Augen zu, das ist jetzt die Frage. Da ich mich nicht mehr müde fühle, drehe ich mich um: 4:30 Uhr ;( Irgendwie doch etwas zu früh zum Aufstehen.
    Eine halbe Stunde später treibt es mich dann doch aus den Federn. Zum Frühstück gibt es nur Milch zu trinken, Tee kann ich mir mangels Kocher nicht machen. Ich habe mich entschieden, einen Gaskocher mitzunehmen, damit ich keine Probleme am Flughafen bekomme. Die passenden Gaskartuschen gibt es an Tankstellen zu kaufen. Am Vortag habe ich allerdings nur 2 passiert. Die erste war geschlossen, die zweite eine Automatentankstelle :| . So gibt es heute nichts Warmes zum Frühstück; bei 11° aber nicht das große Problem.
    Der Wetterbericht hat zum Glück nicht Recht, er hat um 5 Uhr bereits leichten Regen prognostiziert. Dennoch frühstücke ich im Zelt – das ist immer noch gemütlicher als draußen an der Straße zu hocken :/ Kaum beginne ich mit dem Einpacken, setzt langsam der Regen ein – aber damit musste ich ja rechnen.
    Als ich gegen 7 Uhr los fahre, ist die Straße bereits nass, aber es regnet nur ganz leicht. Die komplette Strecke für heute ist Neuland für mich :) Vor 9 Jahren bin ich – von Norden kommend – hier schon einmal vorbei gekommen. Diesmal entscheide ich mich für dafür, die Halbinsel Fosen auf der Nordroute zu umfahren, und so wende ich mich auf kleinen Nebenstraßen nach Westen.
    Nach einer knappen Stunde erreiche ich den Botn und damit den sich über 5 Kilometer erstreckenden Ort Rissa. Die Kirche steht am östlichen Ende (die Berge dahinter sind immerhin knapp 300 Meter hoch), im Westen befindet sich das eigentliche Zentrum.



    Die Berge scheinen hoch genug zu sein, um die Regenwolken aufzuhalten; jedenfalls ist die Straße wieder trocken :thumbup: Ich schaue nach einem Sportgeschäft aus, um mich nach einem neuen Tacho zu erkundigen; außerdem brauche ich ja noch eine Tankstelle. Letztere finde ich an der einzigen großen Kreuzung im Ort, und dort finde ich auch die für meinen Kocher passende Gaskartusche. Genau gegenüber befindet sich das Einkaufszentrum. Dort gibt es einen großen Supermarkt, ein Elektrogeschäft, ein Haushaltswarengeschäft und gefühlte 5 Klamottenläden – aber kein Sportgeschäft 8| Also stocke ich meine Lebensmittelvorräte auf und fahre weiter. Bis hierhin habe ich mich noch ganz gut an den Entfernungsangaben orientieren können, die sich an den Abzweigungen befinden. Allerdings gibt es für den Rest des Tages nicht mehr viele davon. Ich bin mal gespannt, ob ich immer rausfinden werde, wo ich gerade bin :hmm:
    Ich fahre weiter gen Westen und erreiche ein paar Minuten später Straumen, wo sich das Wasser des Botn (im Moment) ganz unspektakulär mit dem des Trondheimsfjord vereinigt.
    Auf der linken Seite sehe ich die Fosen Werft einmal aus einer anderen Perspektive, aber der Blick über den Fjord ist deutlich attraktiver :)



    Bald darauf habe ich den Ort hinter mir gelassen und folge der kurvenreichen, aber – im Gegensatz zum Vortag – weitgehend flachen Küstenstraße :locomotive:



    Kaum habe ich meinen ersten „Pass“ (immerhin 110 Meter hoch) überwunden, fängt es wieder an leicht zu regnen. Ein paar Minuten später komme ich nach Fevåg. Da der Regen langsam stärker wird, suche ich den dortigen Coop auf, um mir eine kleine Zwischenmahlzeit zu kaufen :cookie: Es scheint sich um einen richtigen Land-Supermarkt zu handeln. Ich werde von diversen Ankündigungen mit Lokalbezug empfangen; auf der linken Seite befinden sich ein paar Tische mit Stühlen sowie zwei Kaffeekannen nebst Bechern. Die Sonderposten am Eingang bestehen aus Gummistiefeln und Gartengeräten, und ich werde von der Inhaberin freundlich begrüßt :)
    Nach meinem Einkauf darf ich mir eine Tasse Kaffee nehmen :tee: , so dass ich doch noch etwas Warmes zu trinken bekomme. Die größte Überraschung gibt es allerdings, als ich mein Smartphone einschalte und feststelle, dass es ein Coop-Gäste-WLAN gibt :thumbup: Das nutze ich direkt für einen Gruß nach Hause sowie zur Aktualisierung meines Wetterberichts aus. Demnach müsste ich noch 15 Minuten warten, bevor der Regen nachlässt.


    20 Minuten später ist es tatsächlich wieder trocken (von oben) und ich fahre weiter. Ich folge jetzt dem Stjørnfjord nach Nordosten.
    Eine knappe Stunde später überlege ich gerade, dass es langsam Zeit für die Mittagspause wird, als es wieder anfängt zu regnen :( Ich hoffe darauf, bald eine überdachte Bushaltestelle zu finden, denn futtern im Regen macht nicht wirklich Spaß. In Selnes finde ich aber noch etwas Besseres: Am dortigen Hafen gibt es eine offene überdachte Terrasse mit Tischen und Stühlen ^^ Ich denke mir, dass die Eigentümer sicher nichts dagegen haben, wenn ich mich hier ins Trockene setze. Sogar für mein Fahrrad ist unter dem Dach noch Platz :thumbup:
    So genieße ich bei schöner Aussicht mein Mittagessen.



    Ich habe mich gerade ausgebreitet, da hält ein Geländewagen direkt am Bootshaus und ein Mann steigt aus =O Ich bekomme kurz ein etwas mulmiges Gefühl, gehe aber direkt in die Offensive. Ich begrüße ihn freundlich und frage, ob es ok ist, dass ich hier sitze. Er grüßt freundlich zurück und meint, ich dürfe hier so lange sitzen bleiben wie ich wolle :thumbup:
    Ich futtere langsam vor mich hin und genieße es, wie der Regen und die Wolken verschiedene Stimmungen auf den Fjord zaubern, während der Mann mit seinem Boot zum Fischen fährt.
    Irgendwann schaue ich wieder auf die Uhr: Ich sitze jetzt schon mehr als 2½ Stunden hier :huh: ! Aber die Ruhe tut richtig gut, in der ganzen Zeit sind keine 5 Autos hier vorbeigefahren.
    Der Regen hat inzwischen auch wieder deutlich nachgelassen, und so packe ich alles ein und fahre weiter.


    Nach einigen Kilometern teilt sich der Fjord und ich folge jetzt dem Sørfjord (ja, der andere Arm heißt wirklich Nordfjord :D ). Bald darauf ist der Fjord ganz zu Ende und die Straße geht langsam, aber sicher bergauf. Noch ein Rückblick gen Westen, und ich verliere das Meer aus dem Blick.



    Ein paar Minuten später erreiche ich am Südende des Krinsvatn die Straße 715. Ich folge ihr gen Norden, wobei der Verkehr um ein vielfaches stärker ist als vorher :| Die Straße ist recht kurvig, und so stehe ich plötzlich einem Elch gegenüber, der mitten auf der Straße steht :huh: Leider verschwindet er unter Getöse im Wald, bevor ich meine Kamera zücken kann. Aber immerhin – dies war in all den Jahren mein erster Elch in Norwegen :D Bald darauf habe ich mein Tagesziel für heute erreicht.
    Am Nordende des Sees befindet sich ein Rastplatz (mit WC). Ein paar Meter weiter finde ich direkt am See ein ruhiges und ebenes Plätzchen für mein Zelt. Es ist windstill, so kann ich es draußen gut aushalten und nutze daher fürs Abendessen einen Tisch (und natürlich auch eine Bank) auf dem Rastplatz. Ganz langsam erscheint ein wenig blauer Himmel zwischen den Wolken, und gegen 21:30 Uhr lugt sogar einmal kurz die Sonne hervor, bevor sie hinter den Bergen verschwindet :rolleyes:


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  • Freitag, 19. Mai 2017 – Tag 3


    Berge, Seen und Meer


    Strecke: Krinsvatn – Granholvatnet, 65 km / Wetter: bedeckt bis heiter, 11° C, mäßiger Wind aus N


    Heute lasse ich mir viel Zeit beim Aufstehen. Draußen herrscht trübe Stimmung. Wolken sind vom Meer hereingezogen und hinterlassen ihre Feuchtigkeit auf dem See und in dessen Umgebung :| Den See kann ich zwar noch erkennen, aber nicht mehr die Berge dahinter – welch ein Unterschied zum Vorabend :( Der Wetterbericht sagt zwar keinen Niederschlag für heute voraus, aber das Wetter hat das wohl noch nicht mitbekommen :nono:
    Ich frühstücke gemütlich und packe dann langsam zusammen. Dabei registriere ich ziemlich oft das Klappern von Autotüren ?( Als ich näher hinschaue, bemerke ich auf der Straße 2 Pendlerparkplätze, jeweils einen nördlich und südlich der Brücke über den Nordelva. Das wird wohl daran liegen, dass sich auf der Brücke eine Mautstation befindet. Mir soll es egal sein, die Durchfahrt ist für Fahrräder frei :D
    Gegen 8:40 Uhr fahre ich dann los und folge dem Austdalen gen Norden, die ersten Kilometer leicht bergauf und dann in Schussfahrt hinunter zum Mørrivatnet, wo sich langsam die letzten Wolken aus den Bergen verabschieden :)


    Bald darauf bin ich wieder am Meer, genauer am Åfjord, an dessen nördlichen Ende der gleichnamige Ort liegt.
    Dort finde ich wieder ein Einkaufszentrum, diesmal sogar mit einem Sportgeschäft. Ich erkundige mich bei einer Verkäuferin nach einem Fahrradtacho. Sie meint, dass es hier so etwas nicht gäbe, wolle aber sicherheitshalber noch einmal eine Kollegin fragen. Bald darauf erscheint eine ältere Dame, die mich nach meinen Wünschen fragt. Ich wiederhole meine Frage, und ich werde zu einem Regal geleitet, in dem es 3 verschiedene Tachometer zum Preis zwischen 50 und 90 Euro gibt. Ich schlucke ein wenig (in Deutschland kosten vergleichbare Artikel 1/3 davon). Als ich frage, ob in dem Preis die Montage enthalten ist, bekomme ich als Antwort „Heute nicht, der Kollege kommt erst morgen wieder“, woraufhin sie sich umdreht und verschwindet :pillepalle: Bei dem Verhalten fällt es mir recht leicht, hier nicht zu kaufen :fie: Ich beschränke mich daher auf einen Besuch beim Supermarkt und fahre weiter.
    Am Ortsausgang hätte ich mich links halten müssen, um in 2 Stunden den Stokksund zu erreichen, aber dann hätte ich die gleiche Strecke wieder zurück fahren müssen :hmm: Ich wäre wohl zeitlich passend zur Passage der MS Lofoten :lofoten2: da gewesen, aber das Risiko ist mir zu groß, dass sie doch außen rum fährt. Außerdem hätte ich jetzt schon meinen Zeitplan durcheinander gebracht, daher folge ich statt dessen dem Norddalen gen Nordost, immer mehr oder weniger stark bergauf :locomotive: Nach einiger Zeit finde ich eine schöne Stelle für eine Mittagspause, und genau passend kommt die Sonne heraus :cool:
    Auf der weiteren Fahrt hält sich die Straße immer oberhalb des Flusses, so dass es eine ständige Berg- und Talbahn ist. Laut Tante G. muss ich bis zum höchsten Punkt auf 250 Meter fast 600 Höhenmeter zurücklegen, aber irgendwann ist das auch geschafft :S Dort erwartet mich der Måmyrvatnet mit einem kleinen Rastplatz :)


    Ich setze mich ein wenig in die Sonne und überlege, ob ich dieses schöne (und ruhige) Eckchen für die nächste Übernachtung nutzen soll :rolleyes: Als einige Minuten später die Sonne von ein paar Wolken verdeckt wird, wird mir die Antwort schnell abgenommen: Im Wind wird es doch ganz schön frisch 8| Das liegt insbesondere daran, dass der See am flachen teil des Ufers noch vereist ist (das Gras davor liegt noch so platt und braun am Boden, dass es seit maximal 2 Tagen schneefrei ist). Da es hier keinerlei Windschutz gibt (und ich gerade mal 45 Kilometer hinter mich gebracht habe) beschließe ich dann doch, weiter zu fahren.
    Es geht erst einmal leicht bergab, um dann bei Lonin für einen Kilometer mit 9% Steigung weiter zu gehen :wacko1: ich weiß nicht, was sich die Straßenbauer dabei gedacht haben, nicht dem Fluss zu folgen, aber da muss ich jetzt durch (oder besser: hoch). Zumindest gibt es oben noch einmal eine schöne Aussicht.


    Danach geht es 4 Kilometer lang runter bis kurz vor Meereshöhe, um dann erneut anzusteigen. Irgendwie muss ich bei der Planung dieses ständige rauf und runter übersehen haben :/ Insbesondere der letzte Übergang zum Granholvatnet, an dem ich übernachten will, hat es noch einmal in sich: 2 Kilometer mit 9% rauf und dann direkt 2 Kilometer mit 9% runter :thumbdown: Und als Krönung muss ich genau an der Stelle, wo die Straße flacher und gerade wird und ich eigentlich den Schwung ausnutzend ungehindert weiter rollen könnte, in einer 180-Grad-Kurve zum See abbiegen :negative:
    Zum Glück finde ich wenigstens ein schönes Plätzchen für mein Zelt und kann nach fast 1.500 Höhenmetern die Beine lang machen.
    Eins ist sicher: Der heutige Abend wird nicht lang… :sleeping:

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    Edited once, last by Noschwefi ().

  • Samstag, 20. Mai 2017 – Tag 4


    Viele blaue Stunden


    Strecke: Granholvatnet – Holmset, 63 km / Wetter: Sonnig, 16° C, mäßiger Wind aus O


    Heute ist der letzte Tag meiner Tour durch die Fosen-Halbinsel. Der Wetterbericht verspricht viel Sonne, allerdings auch Gegenwind auf einem Großteil der Etappe :/ Als ich gegen 6 Uhr aufwache, ist weder von dem einen noch von dem anderen etwas zu bemerken. Es ist windstill, aber auch vollkommen bedeckt :|
    Beim Frühstück zeigt sich das erste Fleckchen blauer Himmel, als ich gegen 7:45 Uhr losfahre, wagt sich die Sonne schon ein wenig durch die Lücken :8): Da es eher unter als über 10° C sind, lasse ich lieber die lange Hose an, schließlich will ich mich nicht erkälten.
    Der Tag beginnt mit einer langen Abfahrt zum Meer, wo sich die Straße am Sørjerfjord entlang windet. Hinter jeder Ecke wandelt sich die Landschaft und es gibt ständig neue Perspektiven zu bewundern :rolleyes:



    Nicht lange, und die Straße macht einen scharfen Knick nach rechts, und auf einmal liegt das Meer hinter mir :huh: Ich habe Osen erreicht, die einzige (und damit auch letzte) Einkaufsmöglichkeit für heute. Hier entledige ich mich auch meiner langen Hose, denn die Sonne hat jetzt eindeutig die Oberhand gewonnen :thumbup:
    Bevor ich den Ort verlasse, ist allerdings bereits der nächste Stopp fällig. Der Nordmelan Fossen kündigt sich akustisch schon von weitem an, im strahlenden Licht umgeben von frischem Grün ist er auf jeden Fall einen Besuch wert :love:



    Ich folge nun dem Steindalselva langsam, aber sicher bergauf.
    Mal zeigt er sich ein wenig wild, dann wieder vollkommen zahm, immer aber in strahlendem Blau :8o:



    Kurz unterhalb des Vassdølsetran, wo der Fluss einem See entspringt, zeigen sich die ersten Schneereste in den Bergen, die hier eine Höhe von etwas über 500 Metern erreichen.



    Hier, auf 200 Metern Höhe, fängt der Wind jetzt an unangenehm frisch zu werden. Das gilt zumindest während der Mittagspause, danach kann ich mich ja wieder warm strampeln :D
    Es geht jetzt ständig leicht bergauf und bergab über eine große, etwas hügelige Hochebene mit viel Nadelwald. Dadurch bin ich immer wieder im Windschatten, allerdings ist die Aussicht leider auch etwas eingeschränkt. Zwischendurch, wie hier am Litløyungen, habe ich aber auch schöne Aussichten auf die Berge ^^



    Ich genieße die Fahrt, bis die Straße auf einmal zu Ende ist – ich habe die 17, den Kystriksveien, erreicht, wo ich direkt auf einen (alten? :hmm: ) Bauernhof stoße.



    Ein paar Minuten später erreiche ich auf überraschend leerer Straße (was vielleicht dem Samstagnachmittag geschuldet ist) mein Tagesziel, Holmset Camping.
    Dort suche ich mir erst einmal einen passenden Platz für mein Zelt. Da die Sonne erst gegen 23 Uhr (d.h. in mehr als 7 Stunden) untergeht, nehme ich lieber einen Flecken im Schatten bzw. dort, wo der Schatten demnächst hinwandern wird. Ich möchte ja schließlich weder, dass meine Milch sauer wird noch dass sich die Schokolade in Sauce verwandelt :whistle3: , und das kann nach 2 Stunden im sonnigen Zelt schnell passieren. Am nächsten Morgen soll die Sonne dank Sommerzeit ja erst um 3:30 Uhr aufgehen, dank der Berge wird sie sicher noch 1½ bis zwei Stunden zusätzlich brauchen, bis es mir zu warm wird – da kann ich aber jetzt beim Aufbauen keine Rücksicht drauf nehmen, da ich nur auf einer Seite Schatten haben kann :nono:
    Da es noch früh ist, kann ich nach einer warmen Dusche (die erste in Norwegen) noch ein paar Stunden die Sonne genießen, was ich auch mit WLAN, Sudoku und Lesen mache :cool: , natürlich vergesse ich auch das Abendessen nicht :cookie:

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



    Edited once, last by Noschwefi ().

  • Pausen gehören ja auch mit zu einer Fahrradtour, und jede Fotopause ist gleichzeitig nicht nur eine zusätzliche, sondern auch eine Erholungspause ;)


    Viele Grüße
    Noschwefi

    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Sonntag, 21. Mai 2017 – Tag 5


    Brückentag


    Strecke: Holmset – Kvisterø, 88 km / Wetter: bedeckt, 10° C, mäßiger Wind aus SW


    Mir ist warm. Ein Blick auf die Uhr (diesmal liege ich auf der richtigen Seite um direkt drauf schauen zu können :) ) sagt mir 4:55 Uhr. Ich mache auch das andere Auge auf und stelle fest, dass an der Zeltwand ein Schatten zu sehen ist :/ Ich drehe mich vorsichtig um und stelle fest, dass es mein eigener Schatten ist, da die Sonne mit voller Kraft aufs Zelt scheint :| Das soll wohl ein Zeichen sein fürs Aufstehen, was mir ein Blick aus dem Zelt bestätigt. Es herrscht tatsächlich eine wunderschöne Morgenstimmung :rolleyes:



    Beim Frühstück überlege ich, ob ich mich noch weiter nach einem Tacho umschauen soll. Die nächste Möglichkeit wäre heute in Namsos, aber es ist Sonntag. Das nächste Sportgeschäft ist dann in Brønnøysund. Bis dahin sind es allerdings noch 3 – 4 Tage, außerdem bin ich mir noch nicht sicher, ob ich wirklich in die Stadt fahren will :hmm: Das werde ich kurzfristig entscheiden.
    Am Vortag habe ich unterwegs nicht viele Anhaltspunkte auf der Strecke gehabt. An vielen Straßen gibt es zwar alle 500 Meter Schilder mit den aktuellen Kilometerangaben, bisher war das allerdings die Ausnahme. Andererseits habe ich auch gemerkt, wie entspannend es sein kann, nicht immer genau zu wissen wo ich gerade bin. Ich habe keine genaue Angabe, welches Tempo ich gerade fahre und lasse daher meinen Körper über die jeweils angemessene Geschwindigkeit entscheiden. Ich habe ja jetzt noch 3 Tage Zeit, das weiter zu beobachten und lasse daher die Entscheidung auf mich zukommen :)

    Von Süden nähern sich ein paar Wolken, und so verabschiede ich mich noch vor der Abfahrt von der Sonne. Als ich gegen 7 Uhr den Lygnen (nicht zu verwechseln mit dem Lyngen) erreiche, ist aber zumindest noch etwas blauer Himmel zu erkennen ;)



    Auf den nächsten knapp 30 Kilometern bin ich froh, dass heute Sonntag ist. Ich nähere mich Namsos, dem Zentrum der Region. Es ist ausgesprochen ruhig, nur ab und zu wird die Stille durch ein Auto unterbrochen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, welche Automassen sich hier an einem normalen Werktag die Straße entlang bewegen… :fie:
    Dank vorheriger Recherche weiß ich auch, wo ich einen Supermarkt mit Sonntagsöffnung finde. Ich erreiche ihn glatt 5 Minuten zu früh (er öffnet erst um 10 Uhr). Das gibt mir aber immerhin die Gelegenheit, einem Autokonzert zu lauschen (oder wie soll man es nennen, wenn 3 Autos mit laufendem Motor vor dem Geschäft stehen ?( ).
    Ein paar Minuten später gehen dann die äußeren Türen auf und ich gehe in den Vorraum. Vor mir sehe ich allerdings wieder Gitter – der Eingang zum eigentlichen Supermarkt ist zu =O Ich schaue mich etwas irritiert um, als ich eine Frau sehe, die mit ihrem Einkaufswagen ganz nach links geht, wo eine geöffnete Kasse zu sehen ist. Sie geht in verkehrter Richtung an der Kasse vorbei in den Innenraum. Ich folge ihr etwas irritiert und sehe, dass es hier einen Supermarkt im Supermarkt gibt. Er besteht aus ca. 3 Regalreihen + Kühltheke für Fleisch, Wurst und Milchprodukte sowie einer Kasse. Rund 2/3 des Angebots besteht aus Chips, Cola und Süßigkeiten, dafür gibt es nur 2 Sorten Brot – man erkennt die Schwerpunkte des Sonntags-Verkaufs :whistling: Auf diese Weise reicht allerdings auch eine Kassiererin als Personal…
    Nach 15 Minuten habe ich meine Einkäufe verstaut und fahre weiter durch die fast menschenleere Stadt. Die Personen, die unterwegs sind, bewegen sich allerdings laufend und haben eine Startnummer auf der Brust :huh: Wie ich später erfahre, sind das Teilnehmer am Namsosløpet, der einmal jährlich stattfindet.
    Ich lasse mich davon nicht irritieren und suche die Umgehung des für Radfahrer gesperrten Tunnels. Bei schönem Wetter hätte ich jetzt noch eine kleine Wanderung auf den Aussichtsberg Bjørumsklompen eingeschoben, aber bei dem inzwischen recht trüben Wetter lasse ich den Berg rechts liegen :|
    Ich folge jetzt einer Nebenstrecke des Kystriksveien, die näher an der Küste entlang führt (und auch deutlich weniger befahren ist). Ich muss noch einen kleinen Höhenzug überqueren…



    … bevor ich an der Vemundvikbukta wieder am Meer lande.



    In den nächsten Stunden fahre ich gefühlt über hunderte von Brücken 8| Ich weiß nie, ob ich mich gerade auf einer Insel oder auf dem Festland befinde. Es geht ständig bergauf und bergab, um unzählige Kurven herum mit immer wieder tollen Ausblicken.



    Da ich bereits um 13 Uhr am eigentlich geplanten Tagesziel angekommen bin, beschließe ich noch weiter zu fahren. Jetzt macht es sich bezahlt, dass ich alle mir bekannten Campingplätze und sonstige Übernachtungsplätze rausgeschrieben habe :)
    So fahre ich entspannt weiter und erreiche gegen 16:30 Uhr Lund, meinen ersten Fährhafen. Ein Blick auf den Fahrplan zeigt mir, dass ich exakt zwischen zwei Überfahrten angekommen bin und ich daher 40 Minuten zu warten habe. Leider gibt es keinen Aufenthaltsraum, so suche ich mir draußen einen windgeschützten Ort, da sich der Fährhafen mehr oder weniger ungeschützt auf der Folda befindet :S
    Die Fähre ist pünktlich, und so erreiche ich um 17:35 Uhr Hofles. Jetzt muss ich allerdings genau gegen den Wind nach Südwesten weiter fahren :wacko1: , zum Glück aber nur einen Kilometer. Dann habe ich Kvisterø Camping erreicht. Die Rezeption ist geschlossen, so suche ich mir erst einmal einen Platz für mein Zelt aus. Auf die Sonne brauche ich heute keine Rücksicht zu nehmen, eher muss ich nach einem Windschutz suchen.
    Ich will gerade anfangen, mein Zelt aufzubauen, als eine Frau aus einer Hütte auf mich zukommt und fragt, ob sie helfen kann. ich denke, dass es sich um eine Touristin handelt (zumal ein deutsches Auto vor der Hütte steht) und sage erst einmal nein. Es stellt sich aber schnell heraus, dass sie für den Campingplatz zuständig ist. Ich gehe bezahlen und frage, wo denn die Küche ist. Anscheinend ist dies einer der wenigen Campingplätze, die zwar einen (sehr gemütlichen und gut beheizten) Aufenthaltsraum haben, aber keine Kochgelegenheit für Leute mit Zelt :( Da kaum Gäste da sind, bietet sie mir statt dessen an, dass ich mein Zelt vor einer Hütte aufbauen und drinnen kochen darf :thumbup: Sie fragt noch nach, ob ich die Hütte mieten will, aber ich sehe es nicht ein, den dreifachen Preis dafür zu bezahlen, dass ich mein Zelt nicht aufbaue. Also bekomme ich den Schlüssel und baue mein Zelt auf. Den restlichen Abend verbringe ich nun in einer warmen und windgeschützten Hütte, wo ich sogar alle meine Akkus wieder aufladen kann :D


    Gegen 22 Uhr vertrete ich mir noch ein wenig die Beine. Die Berge im Süden verschwinden langsam in den Wolken, ich bin mal auf das Wetter am nächsten Tag gespannt. Laut Wetterbericht befinde ich mich genau an der Grenze zwischen Dauerregen (im 40 Kilometer südlich gelegenen Namsos) und gar keinem Regen (im 25 Kilometer westlich gelegenen Rørvik) :/


    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



  • Montag, 22. Mai 2017 – Tag 6


    Die nächste Überraschung zur guten Nacht


    Strecke: Kvisterø – Svarberget, 64 km / Wetter: bedeckt, 8° C, leichter Wind aus N


    Im Halbschlaf lausche ich und höre – nichts. Es scheint also schon einmal nicht zu regnen :) Es ist kurz nach 6 Uhr, ich bin ausgeschlafen, mein Magen grummelt – Zeit zum Aufstehen :whistling:
    Die Aussicht ist beinahe die gleiche wie am Vorabend, nur der hinterste Berg hat sich jetzt komplett in Wolken gehüllt. Der Regen scheint also tatsächlich südlich der Folda zu bleiben :thumbup:
    Ich nutze die Hütte zum Frühstücken und packe dann zusammen.
    Der Wind hat wieder mal gedreht und ist kaum noch zu spüren. So folge ich der Folda weiter nach Westen.



    Wenige Minuten später schwenke ich nach Norden ab, um die Halbinsel zu durchqueren. An der nächsten Kreuzung entscheide ich mich gegen den Ausflug ins 15 Kilometer entfernte Rørvik und biege statt dessen nach rechts ab. Bald darauf erreiche ich Kolvereid, wo ich auf einem Radweg ums Zentrum herumgeleitet werden soll :S Ich finde es dann aber trotzdem, schließlich muss ich noch einkaufen. Außerdem wäre mir sonst der schöne Ausblick auf die Innerfolda entgangen.



    Die nächsten Kilometer werden von einer ganz speziellen Art von Rasenmähern geprägt :whistle3:



    Gegen Mittag erreiche in bei Naustbukta den Eiterfjord, wo ich vor einem Coop meine Mittagspause einschiebe.



    Vor dem Laden stehen zwei voll bepackte Fahrräder. Sie gehören zwei Deutschen, die mich kurz zuvor überholt haben. Sie kommen heraus, als ich noch beim Essen bin und wir unterhalten uns ein wenig. Auf einmal geht die Tür des Geschäfts auf und die Besitzerin kommt herausgestürmt, 3 Becher und eine Kanne in der Hand ?( Kurz darauf hat jeder von uns einen warmen Kaffee vor sich stehen :thumbup:
    Die beiden sind unterwegs von Trondheim nach Tromsø und damit weitgehend die gleiche Strecke wie ich. Wir tauschen uns noch etwas aus, dann machen die beiden sich wieder auf den Weg.
    Ich futtere noch in Ruhe zu Ende. Meinen Verdauungsspaziergang mache ich dann keine 2 Kilometer weiter an der Gravvik kirka :|



    Bald darauf erreiche ich den Årsetfjord, dem ich nun mehr als eine Stunde lang gen Nordost folge.



    Am Ende des Fjords erreiche ich den aus 2 Häusern bestehenden Ort Valen. Gegenüber auf der Insel Austra liegt Bogen, wo ich noch einmal einkaufen möchte. Hierfür muss ich aber nicht nur die Brücke über den ca. 5 Meter breiten Sund überqueren, sondern auch die Grenze zwischen den Fylke (entspricht in etwa unseren Bundesländern) Nord-Trøndelag und Nordland :hmm:
    Nach Norden hin schließt sich der etwa 3 Kilometer lange Valen an.



    Ich fahre nun weiter nach Osten und erreiche nach einigen Kilometern wieder die Straße 17. An der Einmündung soll sich im Ort Kjelleidet ein Campingplatz befinden. Er ist so gut ausgeschildert, dass ich erst einmal daran vorbei fahre :fie: Erst nachdem ich 2 Kilometer weiter an einem Hotel gefragt habe, bemerke ich ihn auf der Rückfahrt. Dort ist allerdings alles verrammelt und verriegelt, so dass ich hier nicht bleiben kann :negative: Bei der Einmündung auf die 17 ist mir allerdings noch ein Hinweisschild auf einen anderen Campingplatz aufgefallen, der mich wieder zurück nach Süden (und auch wieder nach Nord-Trøndelag) führt. Auch wenn es noch einmal heißt, einen Kilometer bergauf zu fahren, strample ich weiter zum Simlebotn, von dem aus ich einen schönen Blick auf den über 1000 Meter hohen Heilhornet habe :)



    Unmittelbar hinter der Brücke sehe ich einen Hinweis und folge ihm zum Campingplatz, der sehr idyllisch an einer Nebenbucht des Simlebotn liegt. Die Rezeption ist allerdings auch hier geschlossen :/ , ich finde auch keinen Aushang mit einer Telefonnummer. Ich schaue mich weiter um und sehe, dass sowohl die Toilette als auch eine kleine Küche (bestehend aus einer Kochplatte, einem Spülbecken und einem Stuhl) offen sind :huh: Da es inzwischen 17 Uhr ist und der nächste Campingplatz 25 km + eine Fähre entfernt ist, beschließe ich hier zu bleiben.
    Ich baue mein Zelt am Rande des Campingplatzes auf, so dass ich nicht direkt von der Straße aus sichtbar bin. Innerhalb der nächsten Stunde kommen noch 2 oder 3 Wohnmobile, die aber alle unverrichteter Dinge wieder wegfahren :locomotive:
    Ich genieße die Ruhe, nur das Rauschen des Saglifossen ist zu hören, das mich später gut einschlafen lässt :sleeping:


    Chor: Wir sind alle Individualisten :o-smile
    Einzelstimme: Ich nicht :o-tongue


    Reiseberichte siehe Profil :lofoten2:



    Edited once, last by Noschwefi ().

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